Soest war im hohen Mittelalter zumindest von etwa 1200 bis ca. 1450 die
größte und bedeutendste Stadt Westfalens und die Hauptstadt des
kurkölnischen Landesteils. Um 1450 stand es mit ungefähr 10.000
Einwohnern und einer ummauerten Fläche von 102 Hektar im Range einer
Großstadt (Köln war mit 40 000 Einwohnern die größte Stadt in
Deutschland). Noch 1843 hatte Soest mit 8.750 Einwohnern mehr als
Dortmund (7.650).
Der fruchtbare und quellenreiche Soester Raum ist uraltes
Siedlungsgebiet. Am Ende des 8. Jahrhunderts, als die Franken unter Karl
dem Großen die ins fränkische Reich eingedrungenen Sachsen unterjochen
und christianisieren, beginnt auch in Soest die kontinuierlich
dokumentierte Stadtgeschichte. Die gegen Ende des 8. Jahrhunderts
errichtete Petrikirche war die erste Kirche in einem weiten
Missionsgebiet, das die von den Franken ausgebaute Fernhandels- und
Heerstraße, der Hellweg, durchzog.
Eine Fläche von 4,5 Hektar um diese Kirche herum, die der�Überlieferung
nach schon früh dem Kölner Erzbistum unterstellt wurde, war schon im 9.
Jahrhundert durch eine Befestigung gesichert. Hier errichtete vermutlich
der Kölner Erzbischof Bruno (953-965), ein Bruder Kaiser Ottos I., einen
gewaltigen Wohnturm, von dem noch Mauerreste vorhanden sind. 962 lie�
Bruno die aus Troyes in Frankreich stammenden Reliquien des Märtyrers
Patroklus nach Soest überführen und verfügte in seinem Testament die
Gründung des St.-Patrokli-Stiftes, das zu einem weltlichen und
kirchlichen Verwaltungszentrum im Kölner Erzbistum wurde.
Als eine befestigte und volkreiche Siedlung wurde Soest 836 erstmals
urkundlich erwähnt. 972 beschrieb ein arabischer Gesandter am Hof des
Kaisers Soest als befestigten Ort, in dem die Einwohner Salz durch
Verdampfen salzhaltigen Quellwassers herstellten.
Im 11. und 12. Jahrhundert nahm Soest einen gewaltigen Aufschwung. Etwa
ab 1140 wurde eine Erweiterung des Siedlungsgebietes auf 102 Hektar
vorgenommen und in jahrzehntelanger Arbeit durch eine 3,8 km lange, 1,70
Meter dicke und 10 Meter hohe Mauer mit 10 Toren eingefasst. Ein
durchschnittlich 21 Meter breiter Graben war dieser Mauer vorgelagert.
Die ursprünglich 27 Wehrtürme (nur einer ist erhalten) wurden im 13.
Jahrhundert errichtet. Der Wall hinter der Mauer wurde erst im 15.
Jahrhundert aufgeschüttet, nachdem die Soester erfahren hatten, dass�die
neuen Feuerwaffen ihre Stadtmauer demolieren konnten.
Das sich im 12. Jahrhundert herausbildende Soester Stadtrecht ist auf
der sogenannten "Kuhhaut", einem großen Stück Pergament, aus dem 13.
Jahrhundert berliefert. Es wurde Vorbild für 65 Städte im norddeutschen
Raum. Um 1150 sind ein ratsähnliches Gremium, das die Stadt regiert, und
das �älteste Stadtsiegel nachweisbar.
Nach dem Abschluss�des Mauerbaues wurde die große� Stadt in sechs
Pfarrbezirke eingeteilt. Neben der alten Stadtkirche St. Petri, der
Stiftskirche St. Patrokli, der Kaufmannskirche St. Georgii und dem
außerhalb der Mauer gelegenen Stift St. Walburgis entstanden in der
Folgezeit die Kirchen St. Pauli, St. Thomä,� St. Mari�zur Höhe und St.
Mariä�zur Wiese, z.T. an der Stelle kleinerer Vorgängerbauten. Im 13.
Jahrhundert kamen noch die Klöster der Dominikaner und der Franziskaner
hinzu. In den einzelnen Kirchengemeinden und im Bereich der Stadttore
entstanden 18 z.T. große Kapellen wie z.B. die Nikolai- und die
Brunsteinkapelle, die heute noch stehen. Am Rande der Stadt baute sich
der Kölner Erzbischof einen neuen Palast. Als der Kaiser ihn 1180 mit
dem Herzogtum Westfalen belehnte, wurde Soest die Hauptstadt dieses
kurkölnischen Westfalen. Hiermit waren die Weichen gestellt für den
Aufstieg Soests zur bedeutendsten Stadt des Landes.
Die Hanse und Soest
Soester Kaufleute haben schon im 10. und 11. Jahrhundert Fernhandel vor
allem nach Norden, nach Haithabu/Schleswig, und nach Osten getrieben.
Sie waren Mitbegründer von Lübeck und anderen Ostseestädten im 12. und
13. Jahrhundert, darunter auch Wisby auf Gotland oder Thorn in Polen.
Fernhändler aus Soest lassen sich schon früh in Riga und Nowgorod
nachweisen.
Wichtigstes Handelsgut der Soester bildete das hier und in der Umgebung
gewonnene Salz. Gleichbedeutend war der Handel mit Wein, der über Köln
bezogen wurde, und mit Metallwaren, besonders Waffen, die hier aus den
Rohmetallen des Sauerlandes hergestellt wurden. Agrarprodukte, vor allem
Getreide, aber auch Pferde und Vieh aus der Soester Börde, Waid zum
Färben von Stoffen und hier hergestellte gefärbte Tuche ergänzten den
Warenkatalog der Soester Kaufleute.
Im westfälischen Hansequartier übernahm Soest wie auch Dortmund, Münster
und Osnabrück die Rolle einer Prinzipalstadt. Es war Vertreter auf den
großen Hansetagen in Lübeck für Lippstadt, Werl, Arnsberg, Attendorn,
Brilon, Rüthen und Geseke mit den Orten Olpe, Menden, Drolshagen,
Belecke, Warstein, Kallenhardt, Neheim, Eversberg, Hirschberg,
Grevenstein, Balve, Allendorf und den sieben Freiheiten Hösten,
Freienohl, Sundern, Bielefeld, Hagen, Hachen und Langscheid.
1604 fand in Soest der letzte regionale Hansetag der Soest zugeordneten
Hansestädte statt. 1608 war Soest zum letzten Mal in Lübeck vertreten.
Die Einladung zum letzten Hansetag in Lübeck 1669 schlug Soest aus, weil
die Hanseorganisation nicht mehr wie früher funktionierte.
Die Soester Fehde
Das Selbstbewusstsein und der Reichtum der Soester gerieten immer
häufiger in Konflikt mit den Interessen des Landesherrn, des Kölner
Erzbischofs. 1225 schon hatten die Bürger seinen neuen Palast gewaltsam
entfestigt. Im 14. und 15. Jahrhundert errang die Stadt die Herrschaft
über 48 Dörfer der Soester Börde. Die Auseinandersetzungen mit dem
geistlichen Landesherrn gipfelten in der Soester Fehde, 1444 - 1449, in
der es der Stadt gelang, die Territorialherrrschaft der Kölner
Erzbischöfe abzuschütteln. Sie trat in ein nur lockeres
Bündnisverhältnis zum Herzog von Kleve. Ihre Funktion als Hauptstadt im
kölnischen Herzogtum Westfalen war damit beendet. Als sie 1531 mit ihren
48 Dörfern in zehn Kirchspielen evangelisch-lutherisch wurde, lag sie
ziemlich isoliert am Rande des Herzogtums Kleve-Mark, umgeben von den
nicht immer freundlich gesinnten katholischen kurkölnischen Gebieten.
Die Einbindung der Stadt in den brandenburgisch-preußischen
Staat
1609 war der letzte Herzog von Kleve gestorben. Damit geriet Soest in
den Kampf um dessen Erbe und wurde 1614 den Brandenburgern zugesprochen.
1616 kapitulierte die Stadt nach einer kurzen Belagerung und sah damit
zum ersten Mal einen "Feind" in seinen Mauern.
Im darauffolgenden Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) nahm in Soest die
Zahl der Einwohner und Häuser drastisch ab. Der Siebenjährige Krieg, in
dem Preußen unter Friedrich II., dem Großen, gegen �Österreich, Russland
und Frankreich kämpfte, bewirkte den Tiefpunkt der Stadtentwicklung: Aus
der ehemaligen Großstadt war 1756 eine unbedeutende Landstadt mit ca.
3.600 Einwohnern geworden.
Der preußische Staat duldete keine Sonderrechte einzelner Städte und
nahm Soest nach und nach althergebrachte Privilegien wie die
Steuerfreiheit, die Gerichtshoheit des Rates oder die freie Wahl der
Ratsherrn und der Bürgermeister. 1742 verlor Soest das Recht, selbst zu
münzen, und 1751 hob Friedrich II. die seit 1260 bestehende Soester
Ratsverfassung auf.
In der napoleonischen Zeit verlor Soest 1809 sein 20.000 Hektar großes
Territorium mit den 48 Bördedörfern, über das es Jahrhunderte geherrscht
hatte. 1808 und 1809 wurden die Nonnenklöster Paradiese und Welver in
der Soester Börde aufgehoben, 1811 das Stift St. Patrokli, 1812 das
Stift St. Walburgis und das Dominikanerkloster und 1814 das
Franziskanerkloster.
Wiederaufstieg im 19. Jahrhundert
1817 gewann Soest als Sitz des neugeschaffenen Kreises Soest zwar eine
wichtige Zentralfunktion zurück, aber die erste Hälfte des 19.
Jahrhunderts war für unsere Stadt noch eine erbärmliche Zeit. Die
mittelalterliche Bausubstanz zerfiel immer mehr. Von zehn Stadttoren
überlebte nur das Osthofentor (heute Museum u.a. mit 25.000
mittelalterlichen Armbrustbolzen). Drei Kirchen, das mittelalterliche
Rathaus und etliche andere baugeschichtlich bedeutende Gebäude wurden
abgebrochen.
Am industriellen Aufschwung von der Mitte des vorigen Jahrhunderts an
hatte Soest nur einen geringen Anteil. Der Bau der Eisenbahn ab 1849
vernichtete ein Drittel des mittelalterlichen Befestigungsringes und
bewirkte die Ansiedlung einzelner Industriebetriebe außerhalb der
Wallmauer, so dass�das mittelalterliche Stadt- und Straßenbild weitgehend
unberührt blieb.
Der Soester Bahnhof wurde zu einem großen Umschlagplatz für den
Güterverkehr vom und zum Ruhrgebiet ausgebaut und damit zum größten
Arbeitgeber in der Stadt.
So ist Soest heute
Im Zweiten Weltkrieg sollte vor allem der Verschiebebahnhof mit 2.000
Beschäftigten getroffen werden, aber die Bomben der Alliierten
zerstörten oder beschädigten auch ungefähr 60% des Hausbestandes.
Man hat beim Wiederaufbau die alten Straßenfluchtlinien weitgehend
belassen. Das alte Soest entstand mit vielem Fachwerk neu. Die Altstadt
mit ihren zu zwei Dritteln erhaltenen Befestigungsanlagen, mit ihren
vielen Kirchen und zahlreichen alten Häusern und ihren verschlungenen
Straßen und Gassen hat immer noch den Charakter einer mittelalterlichen
Stadt.
1969 konnte Soest im Rahmen der nordrhein-westfälischen
Gemeindegebietsreform 18 Dörfer von den ursprünglich 48, die bis 1809
zur Stadt gehört hatten, als Ortsteile eingemeinden, und 1975 wurde es
Sitz des aus den Altkreisen Soest und Lippstadt und dem Amt Warstein
(Kreis Arnsberg) gebildeten neuen Großkreises Soest.
Quelle: www.soest.de